Vita

Am 24. März 1967 erblickte ich das Licht von Beeskow, Mark Brandenburg. DDR. Ich besuchte die Ludwig-Leichhardt Oberschule Trebatsch. Seit dem zehnten Lebensjahr unterhielt ich eine Brieffreundschaft mit der in New York lebenden Elisabeth Rosner. Die Briefe weckten mein Fernweh, ich wollte das „Einweckglas“ DDR verlassen.

Postkarten New YorkNach der Schule begann ich eine Lehre zum Zerspanungsfacharbeiter für Bohrwerkstechnik. 1986 traf ich meine Brieffreundin aus N.Y. in Ungarn. Wir sprachen über eine mögliche Flucht, besuchten sogar die US-Botschaft, doch letztlich hatte sie Angst vor dem Geheimdienst. Von 1987 bis 1988 diente ich unfreiwillig als DDR-Grenzsoldat an der innerdeutschen Grenze; ich hoffte auf eine Fluchtchance in den Westen, Geheimbeurteilungen der Offiziere sorgten dafür, dass ich nur im Hinterland eingesetzt wurde. Stationierungsort wurde der Brocken im Harz. Der perfide Überwachungsapparat und der Schießbefehl verhinderten meine Flucht.

An der Grenze bewachte ich meine eigene Gefangenschaft, es war eine furchtbare Zeit. Während eines Kurzurlaubs konnte ich am Bruce Springsteen-Konzert in Ost-Berlin teilnehmen, ein atemraubendes Erlebnis! Wir feierten über vier Stunden wie im Rausch seine Lieder. Danach musste ich zurück an die DDR-Grenze. Der Horror ging dort weiter. Ich wollte nicht mehr! Wegen eines Verstoßes gegen die Dienstwaffenordnung, ich ließ nach einer Grenzschicht die Kalaschnikow im Wald zurück, wurde ich vom Gefreiten zum Soldaten degradiert. Die Degradierung war mein glücklichstes Erlebnis bei den Grenztruppen, wenngleich ich als Strafe eine Urlaubssperre und Arbeitsverrichtung aufgedrückt bekam. Zwischen 1988 und 1990 arbeitete ich als Krankenpflegehelfer in Beeskow und Eisenhüttenstadt. Im Winter 1989/1990 gelangte ich über das Notaufnahmelager Marienfelde nach Westdeutschland. 1990 lebte ich ein halbes Jahr in der Künstlerkolonie Worpswede bei Bremen. Anschließend bereiste ich für mehrere Monate die USA und Kanada. Danach holte ich an der Otto-Brenner-Schule Hannover das Fachabitur auf dem zweiten Bildungsweg nach und belegte ein Studium der Politikwissenschaften, Stadt- und Regionalplanung, Erziehungswissenschaften und Psychologie an den Universitäten Duisburg und Dortmund. Ferner Gaststudien am Occidental College (USA), einer privaten Hochschule, an der auch Barack Obama studierte. Zudem Gaststudien über die Geschichte des europäischen Eisernen Vorhangs an der Karls-Universität Prag.  

1994 war ich beim Bevölkerungsfond der Vereinten Nationen in New York tätig und 2000 auf der EXPO in Hannover. 1999 erschien mein Buch „Keiner kommt durch – Die Geschichte der innerdeutschen Grenze und Berliner Mauer“ im Aufbau-Verlag Berlin. Seit 2001 engagiere ich mich in der Jugendarbeit. Ende 2006 übernahm ich die Stelle des Jugendkoordinators im Amt Unterspreewald. 2008 organisierte ich eine Schreibwerkstatt für Jugendliche, sie gaben sich den Namen „Junge Autoren im Auftrag für die Heimat“. Aus den Exkursionen in unserer Heimatregion, dem Spreewald, entstanden Reiseberichte, die 2009, 2010 und 2011 als Buch erschienen. Besonders gern präsentiere ich meine Bücher auf Lesereisen im In- und Ausland. 2010 war ich damit beim Goethe-Institut in Australien zu Gast.

Zum 25. Jahrestag des Berliner Mauerfalls veranstaltete ich eine Lesetournee unter dem Motto: „Europa grenzenlos“. Sie führte mich nach Tschechien, Österreich, in die Schweiz und die Ukraine. 2016 bereiste ich im Rahmen meiner Vortragstour „Fluchtgeschichte(n)“ Japan, und hielt Vorträge an der OAG Tokyo (in Kooperation mit der Japanisch-Deutschen Gesellschaft) sowie an der Deutschen Schule Tokyo-Yokohama. Die Asientour wurde 2017 mit Vorträgen in Taiwan und Südkorea fortgesetzt, unter anderem an der Deutschen Schule Seoul und der Europäischen Schule Taipeh. Von 2017 bis Anfang 2020 arbeitete ich als Referent für historische Bildung im Landkreis Dahme-Spreewald. Aktuell bin ich u.a. mit einem Buchprojekt über die Lebensgeschichte meiner Mutter Erika beschäftigt. Meine Vorträge und Exkursionen sind weiterhin buchbar.

Dietmar Schultke mit seiner Brieffreundin aus New York 1986 in Budapest
Seit 1977 schrieben wir uns Briefe durch den Eisernen Vorhang hindurch und es gab mit dem Berliner Mauerfall 1989 ein grandioses Happy End..

Ein Auszug aus den Bemühungen meiner Brieffreundin. Sie versuchte viel, damit ich aus dem „Einweckglas DDR“ herauskomme.
Die US-Botschaft in Budapest 1986. Mit einer Super-8 Kamera, die mir meine Freundin geschenkt hatte, filmte ich die Botschaft und sehnte mich nach Amerika.

Als ich die Einberufung zum Militär erhielt, bekam ich die Panik, ich flüchtete nach Prag und grübelte über eine Flucht via Österreich.
Die SED-Bonzen nannten die 18 Monate Militärzeit „Ehrendienst“. Wo ist die Ehre, wenn man bei Desinteresse von der Polizei abgeholt wird?

In der DDR gab es nur eine Abraham Lincoln Biografie, das Buch stammte von Jürgen Kuczynski. Er hatte selber in den USA studieren dürfen, das war vor der DDR-Zeit. Er war ein alter Kommunist und bügelte mich mit diesem Schreiben weg. Wie sollte sich an dieser menschenverachtenden Grenze mein Leben „festigen“? Vier Tage später wurde ich vom Gefreiten zum Soldaten degradiert, weil ich die Kalaschnikow im Wald zurückgelassen hatte.

Am Checkpoint Charlie im Sommer 1990 in Berlin.
Nach dem Fall der Berliner Mauer bereiste ich 1990 Amerika, ich kaufte mir ein Auto, hier mache ich bei den Niagara-Fällen Station.
Mein erstes Auto, ein Golf Rabbit, ich tourte damit 1990 durch die USA und Kanada.
In Ottawa mit Gastgeber Dave Chambers auf dem Rideau-Canal.

Auf Tasmanien 2010 – Empfang beim Österreichischen Konsulat
Nach der Lesung in Weinfelden, Thurgau, Schweiz (2014)
Vortrag 2014 an der Karasin-Universität Charkiw in der Ukraine

Mit Bundesminister a. D. Rudolf Seiters erinnere ich 2017 an die DDR-Botschaftsflüchtlinge von 1989 in der (West) Deutschen Botschaft Prag. Er stand mit Außenminister Genscher auf dem Balkon und überbrachte unter lautem Jubel die Ausreise-Bewilligung..
Vortrag in Südkorea für den Deutschen Club im Grand Hyatt Hotel Seoul.